Abstimmung vom 17.Juni 2012

3 x NEIN zu den Eidgenössichen Vorlagen

I. Volksinitiative vom 23. Januar 2009 "Eigene vier Wände dank Bausparen" 
Meine Abstimmungsempfehlung: NEIN

Das steuerbegünstigte Bausparen ist ein bürgerliches Anliegen, dem seit Jahren mit immer neuen Volksinitiativen, Standesinitiativen und parlamentarischen Vorstössen zum Durchbruch verholfen werden soll. Es bestehen jedoch grundsätzliche Zweifel am Sinn und an der Wirkung des steuerbegünstigten Bausparens zur Förderung von mehr Wohneigentum und insbesondere zur Schaffung von zahlbarem Wohnraum für alle. Konkret sieht diese Initiative eine steuerliche Privilegierung von Bauspareinlagen für den erstmaligen Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum in der Schweiz (maximal 10 000 Franken jährlich, Ehepaare das Doppelte) während längstens zehn Jahren vor.
Von steuerlichen Förderungsmassnahmen profitieren aber immer in erster Linie hohe Einkommen. Viel wirkungsvoller sind direkte Fördermassnahmen für den sozialen Wohnungsbau für die unteren und mittleren Einkommen. Es kommt hinzu, dass die vorgeschlagenen Massnahmen zu unverantwortlichen Steuerausfällen führen. 
Von der Initiative „Eigene vier Wände dank Bausparen“ profitieren - entgegen der Behauptung der Initianten - gerade Schwellenhaushalte nicht, da ihnen gar nicht genügend Einkommen zur Verfügung steht, um steuerbefreit innert zehn Jahren genügend Eigenmittel zur Seite legen zu können. Verschiedene Studien belegen, dass Bausparen eine ungünstige sozial- und einkommenspolitische Wirkung aufweist und nur zu einem vernachlässigbaren Teil dazu führt, dass Schwellenhaushalte selbstgenutztes Wohneigentum erwerben können. Vor allem aber profitieren jene Personen mit hohem Einkommen von einer Steuererleichterung, die sowieso – auch ohne Anreiz durch das Bausparen – ein Eigenheim gebaut hätten. Es gilt weiter zu beachten, dass die Rechtsgleichheit aufgrund der Besonderheiten der Wohneigentumsbesteuerung bereits heute krass verletzt wird. Die aktuell tiefen Eigenmietwerte und die gleichzeitig hohen Abzugsmöglichkeiten (Unterhalt, Schuldzinsen) führen dazu, dass ein Grossteil der WohneigentümerInnen weniger Steuern zahlt als MieterInnen in einer vergleichbaren familiären und finanziellen Situation.

II. Volksinitiative vom 11. August 2009 "Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik (Staatsverträge vors Volk!)"
Meine Abstimmungsempfehlung: NEIN

Die Volksinitiative „Für die Stärkung der Volksrechte in der Aussenpolitik“ (Staatsverträge vors Volk) schlägt vor, das obligatorische Referendum für völkerrechtliche Verträge erheblich auszuweiten. Gemäss Initiativtext sollen dem obligatorischen Referendum völkerrechtliche Verträge unterliegen, die eine multilaterale Rechtsvereinheitlichung in wichtigen Bereichen herbeiführen, die Schweiz verpflichten, zukünftige rechtsetzende Bestimmungen in wichtigen Bereichen zu übernehmen, Rechtsprechungszuständigkeiten in wichtigen Bereichen an ausländische oder internationale Institutionen übertragen oder neue einmalige Ausgaben von mehr als 1 Milliarde Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 100 Millionen Franken nach sich ziehen.

Das Bemühen der Initiative, den Stimmberechtigten im Bereich der Aussenpolitik mehr Beteiligungsmöglichkeiten einzuräumen, ist nicht grundsätzlich falsch, verfolgt aber mit dem Ansatz des obligatorischen Referendums und damit dem Einbezug der Kantone den falschen Ansatz. Die Notwendigkeit eines Ständemehrs soll in der Aussenpolitik auf völkerrechtliche Verträge mit verfassungsrechtlicher Tragweite beschränkt bleiben. Für die anderen gibt es die Möglichkeit des fakultativen Referendums – ganz offensichtlich möchte die AUNS die Mittel aber lieber in den Abstimmungskampf als in die Unterschriftensammlung stecken. Es drängt sich nicht auf, den Kantonen ein Vetorecht in der Aussenpolitik zu erteilen, da diese bereits über ausreichende Mittel verfügen, um sich Gehör zu verschaffen. Zahlreiche Verträge, über die bei Annahme der Initiative zwingend abgestimmt werden müsste, haben für die Öffentlichkeit weniger bedeutende Inhalte zum Gegenstand wie z.B. das „Haager Übereinkommen vom 5. Juli 2006 über die auf bestimmte Rechte an intermediär verwahrten Wertpapieren anzuwendende Rechtsordnung“. Es wäre mit 2-3 zusätzlichen Abstimmungsvorlagen pro Jahr zu rechnen. Zudem lässt der Initiativtext aufgrund seiner Unbestimmtheit einen derart weiten Interpretationsspielraum offen, dass nur eine lange Praxis mit der Zeit Rechtssicherheit darüber herbeiführen könnte, welche Verträge genau unter die Bestimmung fallen.

III. Änderung vom 30. September 2011 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) (Managed Care) Meine Abstimmungsempfehlung: NEIN

Diese Vorlage, bringt unter dem Strich für die Patientinnen und Patienten weniger Leistung zu höheren Kosten. Einmal mehr haben sich die Bürgerlichen geweigert, eine ausgewogene Vorlage zu verabschieden. Stattdessen haben sie einseitig die Macht der Versicherungen gestärkt. Die Zeche zahlen in erster Linie die chronisch Kranken und die Menschen in den Randregionen. Bereits heute bestehen Versorgungsnetze und sie funktionieren allgemein gut. 

Die Steuerung im Gesundheitswesen wird den Krankenkassen überlassen

Das Finanzierungssystem der Gesundheitsdienste für alle Pflegearten, ob stationär oder ambulant, sollte nach demselben Finanzierungsschlüssel erfolgen. Ausserdem soll die öffentliche Hand für Planung und Tarifierung im stationären und ambulanten Bereich verantwortlich zeichnen. Mit dem Managed Care sind es nun aber die Krankenkassen, die am stärkeren Hebel sind. Sie sind es, die mit den integrierten Pflegediensten Verträge abschliessen werden und da sie vorläufig nicht verpflichtet sind, solche Netze anzubieten, können sie ihre Bedingungen umso leichter durchsetzen. Sie werden somit über einen erheblichen Spielraum verfügen. In diesem Rahmen haben die Kantone im ambulanten Bereich keinerlei Steuerungskompetenzen erhalten. Sie können die integrierten Pflegenetze weder nach qualitativen Kriterien akkreditieren, noch können sie darüber wachen, dass das Angebot vollständig ist. Das vorgesehene System ist völlig intransparent. Den Kantonen bleiben keine Kontrollmöglichkeiten. Tatsächlich werden die Krankenkassen den ambulanten Bereich der obligatorischen Krankenversicherung steuern.

Gemäss der Managed-Care-Vorlage werden die Versicherten, die keinem Managed-Care-Modell beitreten wollen, "bestraft" und künftig bis zu einem Gesamtbetrag von 1000.- (gegenüber 700.- heute) einen Selbstbehalt von 15% (gegenüber 10% heute) bezahlen müssen, und dies ohne Aussicht auf Mehrleistungen. Dies benachteiligt insbesondere chronisch Kranke, die sich bereits in einer schwächeren Position befinden. Hinzu kommt, dass die Maximalbeträge des Selbstbehalts künftig an die Kostenentwicklung der Krankenversicherung angepasst werden, was rasch zu bedeutenden Erhöhungen führen könnte. Man muss feststellen, dass, während die Krankenkassenprämien jedes Jahr steigen, die von den Versicherten zu tragenden Kosten ständig zunehmen. Zur Erinnerung: Die Neuordnung der Pflegefinanzierung, die neue Spitalfinanzierung, die Streichung von Leistungen des Grundkatalogs (Brillen etc.) sowie die Erhöhung des Beitrags an die Kosten des Spitalaufenthalts von 10.- auf 15.- belasten das Portemonnaie der Kranken immer stärker.

Wahlfreiheit nur für Begüterte

Wer diese Mehrkosten nicht tragen kann - übrigens ohne entsprechende Erweiterung oder Verbesserung der Leistungen - hat keine andere Wahl, als sich einem integrierten Pflegenetz anzuschliessen, sofern in seiner Region ein solches existiert. Diesbezüglich werden die Randregionen stark benachteiligt bleiben.
Tatsächlich werden jene, die nicht über die nötigen Mittel verfügen, den Arzt nicht mehr frei wählen können. Dieses Vorrecht wird das Privileg der Begüterten bleiben. Chronisch Kranke werden vielleicht nicht einmal die Möglichkeit haben, das Pflegenetz frei zu wählen, falls ihr Vertrauensarzt, den sie sei Jahren aufsuchen, sich an keinem oder einem anderen Netzwerk beteiligt. Ausserdem wird ihre Wahlfreiheit durch den Abschluss von dreijährigen Verträgen eingeschränkt, die sie nur mit einer Ablösesumme vorzeitig kündigen können, deren Höhe von den Versicherungen festgelegt wird und die, was nicht überrascht, eher hoch angesetzt sein wird. Da die Ärztenetze zudem das Recht haben werden, mit Spitälern und Heimen Exklusivverträge abzuschliessen, könnten PatientInnen gezwungen werden, dort einzutreten, da die Netzwerke mit diesen Einrichtungen äusserst vorteilhafte Verträge abgeschlossen haben, dies trotz der Tatsache, dass die neue Spitalfinanzierung die freie Spitalwahl vorsieht.

Schlussfolgerung

Die Gleichung Managed Care = generelle Senkung der Krankenkassenprämien ist ganz einfach falsch. Im Gegenteil, es ist illusorisch zu glauben, dass diese Revision des KVG die Gesundheitskosten bei gleichbleibender Qualität senken wird. Denn die wirklichen Kostenfaktoren, die insbesondere von der Pharmaindustrie und der Bürokratie der Krankenkassen verursacht werden, bleiben unverändert. Diese Vorlage, wie sie verabschiedet wurde, wird die Sparpolitik im Gesundheitsbereich verstärken und bildet einen weiteren Schritt hin zu einer Verkommerzialisierung des Gesundheitssystems. Schritte hin zu einem ungerechten System, das mehr auf Profit als auf das Patientenwohl ausgerichtet ist. Schritte hin zu einer Zweiklassenmedizin, der wir uns vehement widersetzen sollten.

2 x JA zu den Kantonalen Vorlagen

1. Verfassung des Kantons Aargau (Land- und Waldwirtschaft); Änderung vom 13. Dezember 2011
Meine Abstimmungsempfehlung: JA

Durch das neue Landwirtschaftsgesetz wird eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der aargauischen Landwirtschaft, ein höherer Beitrag zu einem gesunden, sicheren und preiswerten Angebot an regionalen Nahrungsmitteln sowie eine Weiterentwicklung der Ökologie erwartet. 
Im Zentrum des neuen Landwirtschaftsgesetzes stehen die Bereiche Bildung und Beratung, Strukturverbesserungen, Produktions-, Absatz- und Innovationsförderung sowie der Schutz natürlicher Ressourcen. Mit dem neuen Gesetz werden Rahmenbedingungen geschaffen, damit die Aargauer Landwirtschaft sich den zukünftigen Herausforderungen erfolgreich stellen kann.

2. Aargauische Volksinitiative "Für eine sichere Aargauer Kantonalbank" vom 23. Dezember 2009
Meine Abstimmungsempfehlung: JA

Noch 2008 wollte der Regierungsrat die Aargauische Kantonalbank in eine Aktiengesellschaft umwandeln und grosse Teile davon verkaufen. Nur angesichts der Bankenkrise wurde dieses Vorhaben vorläufig abgebrochen. Die Volksinitiative will in der Verfassung festschreiben, dass sich die Kantonalbank vollständig im Eigentum des Kantons befindet und damit uns allen, den Aargauerinnen und Aargauern, gehört. Nur so könnte und müsste das Volk in jedem Fall einem Verkauf zustimmen. Mit der bisherigen Gesetzeslösung dagegen ist ein Verkauf ohne Volksabstimmung möglich. Die Kantonalbank ist nicht einfach irgendeine gewinnorientierte Bank. Sie liefert dem Kanton jährlich stolze Millionenbeträge ab, und sie hat einen konkreten volkswirtschaftlichen Auftrag: Mit ihren Krediten an KMUs und mit ihrem Hypothekengeschäft übt sie einen stabilisierenden Einfluss auf die Aargauer Wirtschaft aus. Sie ist regional tätig und verankert, ihr Geschäftsgebiet liegt fast ausschliesslich im Kanton Aargau. Damit fallen viele riskante internationale Geschäfte weg. Zusammenarbeit und Kooperationen mit anderen Banken sind bei Annahme der Initiative auch weiterhin möglich, wie das Beispiel Swisscanto beweist. Die Bankenkrise hat gezeigt, wie wichtig Sicherheit und Vertrauen für eine Bank sind. Beides würde bei einem Verkauf oder auch Teilverkauf der Kantonalbank zerstört. Wir brauchen keine weitere private Bank mit Abzockermanier, die nach dem Motto wirtschaftet „Gewinne privat, Risiko und Verluste dem Staat“.