SVP - Asylinitiative vom 24.November: "Das Boot ist voll"

Nachdem das Schweizer Stimmvolk vor sechs Jahren eine SVP-Asylinitiative nur knapp abgelehnt hat und gegenwärtig im Vorfeld einer erneuten Asyl-Abstimmung kaum ein Tag ohne Schlagzeilen über "Drogen dealende Schwarzafrikaner" vorbeigeht, rechnet sich die SVP gute Chancen für Ihre Initiative "gegen Asylrechtsmissbrauch" aus. Die Geduld vieler ist am Ende, die Wut zahlreicher Leute scheint grenzenlos. Jetzt wird die Grenze dicht gemacht - das Boot ist voll - hatten wir das nicht schon mal?

Wer über einen "sicheren Drittstaat" in die Schweiz geflüchtet ist, soll dorthin weggewiesen werden. Was schert uns, dass es dann nicht nur die Kriminellen, sondern den weitaus grösseren Teil der rund 98% Männer, Frauen und Kinder trifft, die auf dem Landweg - und somit über einen "sicheren Drittstaat" - zu uns fliehen? Inzwischen geben selbst SVP Politiker unverhohlen zu, dass mit dieser Initiative auch echte Flüchtlinge vom Asylverfahren ausgeschlossen werden. Und genau das wäre das Ende unserer humanitären Tradition, zu der sich, laut SVP Parteipräsident Ueli Maurer, auch die SVP ohne Vorbehalte bekennt.

Neben ethischen Gründen gibt es eine ganze Reihe sachlicher Gründe, weshalb die Initiative abzulehnen ist:

1. Die Forderung der Drittstaatenregelung ist schlicht nicht praktikabel . Keiner unserer Nachbarstaaten kann gezwungen werden, Asyl Suchende aus der Schweiz zu übernehmen und er wäre wohl überhaupt nur dann dazu bereit, wenn klar feststeht, dass diese über sein Staatsgebiet eingereist sind. Diesen Nachweis zu erbringen dürfte äusserst schwierig sein. In den meisten Fällen würden die Asyl Suchenden folglich trotz Drittstaatenklausel in der Schweiz bleiben.

2. Die Kriminalität unter Asyl Suchenden ist tatsächlich ein Problem , aber die Initiative löst es nicht, weil das tatsächliche Problem der Vollzug der Wegweisung ist. Ohne Papiere verweigern viele Staaten eine Aufnahme und mit etlichen Ländern bestehen (noch) keine Rückführungsabkommen. Kriminelle, welcher Herkunft auch immer, sind nach unsern gesetzlichen Regelungen konsequent zu bestrafen.

3. Im Finanzbereich sind die meisten Forderungen der Initiative bereits umgesetzt : Die Sozialhilfe für Asyl Suchende liegt bereits heute 20-50% tiefer als für Schweizerinnen und Schweizer, die freie Arzt- und Spitalwahl ist eingeschränkt. Das Bundesamt für Flüchtlinge führt für jede Asyl suchende Person ein Sicherheitskonto. Falls sie arbeitet, muss 10% des Lohnes auf dieses Konto einbezahlt werden. Von diesem Konto werden dann sämtliche bezogenen Fürsorgeleistungen an den Staat zurückerstattet. Die Schweiz ist übrigens das einzige Land Europas, welches Asyl Suchende zur Rückerstattung der Fürsorgeleistungen verpflichtet.

Die wiederholten Verschärfungen des Asylrechts haben nichts gegen den Missbrauch desselben ausgerichtet, sondern treffen die Falschen. Einfache Lösungen im Bereich des Asylrechts gibt es nicht. Statt unsere Grenzen für Menschen in Not dicht zu machen und uns abzuschotten, müssen wir die internationale Zusammenarbeit verstärken. Durch einen kontinuierlichen Ausbau unseres Engagements für friedensfördernde Projekte und Entwicklungshilfe leisten wir einen nachhaltigen Beitrag zu einer Welt, in der die Menschen nicht aus ihrer Heimat flüchten müssen.

Oktober 2002